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 "Als MC muss man ein     Marketing-Genie sein"Der Washingtoner MC Redhead über Vermarktungsstrategien als US-Independent     Rapper, nicht amerikanischen Hip Hop und was wäre, wenn „Illmatic“ heutzutage droppen würde.
 
 Streetcorner: Kannst du Dich als Erstes einmal kurz unseren Lesern     vorstellen?
 Redhead: Man nennt mich     Redhead. Ich komme aus Capitol       Heights, MD. Ward     9 nahe Washington DC. Ich represente PG County.
 
 
 Streetcorner: Alles klar. Wie bist du zum Hip Hop gekommen und seit     wann rappst Du?
 Redhead: Es ist schwierig für mich     zu sagen, wann ich genau angefangen habe, weil das alles ganz natürlich     kam. Ich denke, ich habe in meinem letzten Highschool Jahr angefangen zu     schreiben. Ich bin ein grosser Fan von A Tribe Called Quest und Nas, und so     waren meine ersten Texte eigentlich Kurzgeschichten in Reimform. Es hat     eine kleine Weile gedauert, bevor ich ernstghaft angefangen habe, daran zu     arbeiten. Aber irgendwann habe ich dann verstanden, wie es funktioniert.
 
 
 Streetcorner: Wie hast Du Eingang zur Plattenindustrie gefunden? Ich     meine, offensichtlich läuft die Sache ganz gut für Dich; das Video zu „I     Like“ ist ziemlich professionnell...
 Redhead: Ich sag Dir eins: ich bin noch kein Grosses Tier in der     Plattenindustrie, aber ich lasse es so aussehen, als wäre ich es. Ich bin     der Meinung, dass derjenige, der Erfolg haben möchte, zu jeder Zeit ein     erfolgreiches Image von sich abgeben muss. Ich habe angefangen meine     eigenen Songs zu machen und ein A&R von MCA zeigte Interesse. Ich war     damals noch zu jung, um sein Angebot anzunehmen, so habe ich einfach     alleine weitergemacht und meine Musik verbessert, Verbindungen zu anderen     geknüpft. Und jetzt bin ich hier.
 
 
 Streetcorner: Kannst Du vielleicht ein bisschen mehr erzählen, wie     es ist als Independent Artist in den Staaten? Es gibt so viele Rapper, die     um Aufmerksamkeit buhlen, dass es sehr schwierig sein muss das Rampenlicht     auf sich zu lenken...
 Redhead: Um ehrlich zu sein sind die Leute hier in den Staaten nicht     so sehr an Sachen interessiert, die als     aussergewöhnlich gelten. Das ist jedoch eine interessante Sache, da Ihre     Lieblingsrapper am Anfang selbst alle als aussergewöhnlich galten. Was mich persönlich     angeht, so ist es auf jeden Fall ziemlich schwierig, da ich aus einer     Gegend komme, aus der kein Mainstream-Artist hervorgegangen ist. Ausserdem     habe ich einen Style, der als aussergewöhnlich gilt. Wie auch immer, ein     Artist sollte vor allem ein Marketing-Genie sein, denn nur gute Skills zu     haben reicht nicht. Man muss den Leuten auch vor     Augen führen, dass man diese Skills besitzt. Ich hatte das Glück eine     Platte in Kanada und anderen Teilen der Welt released zu haben, und das     ohne Label, ganz einfach weil ich mich so verhalten habe, als hätte ich     eins. Es ist auf jeden Fall schwierig, aber nichts ist unmöglich.
 
 
 Streetcorner: Ja, es ist mir aufgefallen, als ich mir die Songs auf     Deinem MySpace angehört habe, dass sie alle einen gewissen positiven Vibe     haben. Du hast ja schon gesagt, dass du ein Fan von ATQC bist. Irgendwelche     anderen Einflüsse, die Deinen Sound zu dem gemacht haben, was er heute ist?
 Redhead: Eigentlich nichts Besonderes. Es ist einfach nur ein     Feeling, das ich habe. Wenn ich etwas hot finde, dann experimentiere     ich damit herum, und gucke was dabei herauskommt. Ich habe ausserdem auch     ziemlich viele Entertainer frequentiert, die entweder rappen, singen,     Poesie performen, oder Rock spielen – alle möglichen Sachen. Ich schätze     mal, dass ich von all ihnen in irgend einer Weise beeinflusst worden bin.
 
 
 Streetcorner: Wie arbeitest Du an deinen     Songs? Nimmst Du die Beats mit nach Hause und arbeitest hart an deinen Versen, oder kommst Du einfach ins Studio und     schreibst dort deine Texte?
 Redhead: Es kann schon komisch sein. Ich höre einen Beat, zu Hause     oder wo auch immer, und analysiere die Stimmung in der Musik. Manchmal     asoziiere ich auch Farben mit den Beats. Einer ist dann „blau“, ein anderer     „rot“ und ein weiterer „gelb“. Es kommt halt auf das Feeling des jeweiligen     Beats an. Dann denke ich mir ein Konzept aus, das dazu passt und schreibe     den Text wo ich halt bin. Das kann zwei Stunden dauern, oder einen ganzen     Tag.
 
 
 Streetcorner: Hast Du eine bestimmte Botschaft, die Du durch Deine     Songs der Welt mitteilen möchtest?
 Redhead: Wenn du schwarz bist, kannst du mehr als nur singen oder     rappen. Viele Dinge, die zur Zeit abgehen, fliegen über die Köpfe der     jungen Generationen einfach hinweg. Sachen wie Politik oder andere Probleme     in der Welt. Ich möchte einfach rüberbringen, dass man immer noch klever     und unterhaltend sein kann, auch wenn man die Dinge nicht so angeht, wie     andere es gern sehen würden. Ein richtiger Mann handelt so wie er es für     richtig hält.
 
 
 Streetcorner: Wie schätzt Du die Lage des Rapgames in den USA zur     Zeit ein? Ich meine, wir hier in Europa haben ja nur einen relativ kleinen     Einblick, was wirklich Hip Hop mässig in den Staaten abgeht, deswegen ist     es immer interessant die Meinung eines Artists zu haben, der in diesem     Umfeld agiert...
 Redhead: Ich sehe es als extrem vielfältig an. Du wirst keine zwei     Regionen finden, die den gleichen Style fahren. Du kannst nicht in     Kalifornien sein und denselben Sound hören, wie in New      York, Chicago oder Atlanta. Es gibt     einfach verschiedene Richtungen. Da gibt es die „Party-Starters“, die     witzigen Rapper, die Introspektiven, die Revolutionären, die „Swag-Artists“     ... es ist etwas für jeden dabei. Alles, was du tun musst, ist die Augen     aufzumachen und um dich zu sehen.
 
 
 Streetcorner: Hattest Du bist jetzt die Möglichkeit ausserhalb der USA zu     reisen und zu gucken, wie Hip Hop woanders abgeht?
 Redhead: Ich war noch nie ausserhalb der USA, was Musik angeht. Das sollte ich allerdings einmal     tun, denn ich hätte nicht gedacht, dass das was ich hier zu Hause mache,     von Euch da draussen wahrgenommen wird.
 
 
 Streetcorner: Wie ist ausländischer Rap in den Staaten angesehen?     Gibt es dafür überhaupt einen Markt? Phonte, von Little Brother, hat mit     einem niederländischen Produzenten ein Album gedroppt, Kaydee hat mit einem     schweizer Produzenten zusammengearbeitet...ist dies etwas, was     amerikanische Rapper interessiert, oder übersehen die meisten das einfach?
 Redhead: Man experimentiert halt. So wie ich das verstanden habe,     mögen die Leute overseas Hip Hop mehr wie er früher war. Die Leute     hier jedoch haben das alles schon vergessen und benutzen Hip Hop als     Werkzeug für Ruhm und Erfolg. Ausserhalb der USA interessiert man sich noch     für was hot ist, während hier nur noch nach etwas gesucht wird, das     man vermarken kann.
 
 
 Streetcorner: Also für Dich, wenn etwas hot ist, dann     interessiert es Dich nicht, woher es kommt...
 Redhead: So ziemlich, ja. Diese Sachen sind nicht wichtig für mich. Wenn es hot     ist und man sich gegenseitig respektiert, dann habe ich absolut nichts     einzuwenden.
 
 
 Streetcorner: Das erinnert mich an eine Zeile in einem deiner Songs,     ich glaube es kommt in „I Like“ vor, wo du sagst, dass wenn „Illmatic“     heutzutage rauskommen würde, die meisten Leute es gar nicht als einen     Classic ansehen würden, weil sie es nur nach den Features und Produzenten     bewerten würden. Kannst Du das noch etwas genauer erklären?
 Redhead: Es ist ganz genau so. Wenn Du mit Leuten, die heutzutage     Hip Hop hören, sprichst, dann erzählen sie dir alle möglichen Sachen,     ausser ob ein Album gut ist oder nicht. Sie achten eher auf die     kommerziellen Dinge: Verkaufszahlen der ersten Woche, Produzenten, bekannte     Features, Platin, Gold, Controversy, Label, Manager, alles ausser     den Songs. „Illmatic“ wird dafür geliebt, was es     ist. Ich persönlich, habe „It Was Written“ mehr gemocht, doch ich habe     „Illmatic“ in dieser Zeile benutzt, weil die Leute dann einfach mehr acht     darauf geben, wie es heutzutage in der Industrie zugeht. Es kommt zur Zeit     nichts auf den Markt, das wir als hot bezeichnen und das länger als     ein Jahr überdauern würde, weil wir uns zu sehr um Sachen wie „die erste     Single“ kümmern. Deswegen ist I Like so     wichtig für mich,     weil ich es als etwas angesehen habe, das den Leuten einfach Mal gesagt     werden musste.
 
 
 Streetcorner: Ja, die Welt bewegt sich sehr schnell heutzutage, und     die Leute scheinen auf nichts mehr wirklich zu achten. Eine der Gründe     dafür, so meine ich zumindest, ist das Internet. Wie siehst Du das? Ist     Internet ein Segen oder ein Fluch für das Rapgame?
 Redhead: Es ist beides. Es kann einem neuen Artist helfen und einen     alten zerstören.
 
 
 Streetcorner: Ok, was hast Du als nächstes für die Zukunft geplant?     Irgendwelche Pläne für ein Album oder ein Mixtape?
 Redhead: Was neue Projekte angeht, so bin ich mir noch nicht ganz     sicher; wir sprechen grade darüber. Ich bin dabei zu versuchen einen Track     mit Chilli von TLC aufzunehmen. Das ist zumindest geplant. Das Video (zu „I     Like“ AdR) wird ziemlich viel promotet und Leute     aus der Industrie suchen überraschenderweise den Kontakt zu mir. Wir werden     also sehen, was die Zeit mit sich bringt. Es wird auf jeden Fall neue Musik     rauskommen und ich habe ein kostenloses Mixtape, das jeder auschecken kann.     Es ist mein Erstes.
 
 
 Streetcorner: Letzte Frage: was sind die am meisten gespielten Songs     in Deinem iPod?
 Redhead: Ich besitze gar keinen iPod, ich habe einen Creative Zen.     Es ist die beste Erfindung überhaupt. Was ich zur     Zeit höre ist „Bittersweet Symphony“ von The     Verve, alte Nas Sachen, das neue Snoop Album und viel Rell.
 
 Author: Eric Corson / Date: 19.02.2007 |